Hyperthermie-Chemotherapie-Kombination

Erstellt am 17 Sep 2015 17:32
Zuletzt geändert: 21 Sep 2020 20:25

In der wissenschaftlichen Literatur1,2,3 lassen sich vielfache wissenschaftliche Belege für einen möglichen Synergismus bei gleichzeitiger Anwendung von Hyperthermie und bestimmten Chemotherapeutika finden. Der Einsatz der Hyperthermie unter Ausnutzung dieses Synergismus verspricht Vorteile, weil die Hyperthermie alleine erst oberhalb einer Schwellentemperatur von etwa 42,5°C bis 43 C eine Tumorzell-abtötende Wirkung zu entfalten beginnt. In diesem Temperaturbereich bestehen aber bereits größere Gefahren für die Patienten durch die Überwärmung des gesunden Körpergewebes und des Blutes, die sich auch bei regionaler Hyperthermie nicht ganz vermeiden lassen.

Eine Wirkungsverstärkung zytostatisch wirksamer Substanzen durch die Hyperthermie lässt sich jedoch bereits unterhalb der genannten Schwellentemperatur erreichen. Aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse wird derzeit davon ausgegangen, dass die Interaktion der Hyperthermie mit den antitumoral wirksamen Substanzen in einem Temperaturbereich von 40 C - 43°C zu einer – temperaturabhängigen und mit der Temperatur zunehmenden – Verstärkung des zytotoxischen Effekts der Chemotherapie führt.

Die im Rahmen von Studien bislang beobachteten Interaktionen von Zytostatika mit Hyperthermie zeigen vielgestaltige Mechanismen. Die erreichbare Wirkungsverstärkung der Zytostatika-Therapie durch die Hyperthermie ist abhängig von den eingesetzten Zytostatika, der Temperaturdosis sowie Sequenz und Zeitintervall.

Für platinhaltige Chemotherapeutika wie Cisplatin, Carboplatin und Oxaliplatin wurde eine exponentielle Zunahme der Gesamteffektivität (synergistische Wirkung) bei Anwendung dieser Substanzen unter gleichzeitiger Hyperthermie nachgewiesen4,5,6,7.

Eine 2012 publizierte Arbeit konnte sogar zeigen, dass im Laborexperiment die Kombination der beiden Therapeutika Paclitaxel und Carboplatin unter gleichzeitiger Überwärmung deutlich wirkungsvoller war und zur Abtötung von mehr als doppelt so viel Tumorzellen führte wie die Kombination der Hyperthermie mit einer einzelnen Substanz8. Dies wurde als supraadditive Wirkung bezeichnet.

Hinweise auf eine mögliche additive Wirkung einer gleichzeitig angewendeten Hyperthermie wurden in älteren, methodisch wenig belastbare Studien auch bei Taxanen und Cyclophosphamid gesehen. Ältere Studien fanden zudem schwache Hinweise auf eine additive Wirkung einer simultan zur Hyperthermie erfolgenden Vincaalkaloid-Gabe.

Keinerlei synergistische Wirkung wurde bislang in Studien für die antimetabolisch wirksamen Zytostatika Capezitabin, Cladribin, Cytarabin, Fludarabin, Fluorouracil, Gemzitabin, Mercaptopurin, Methotrexat, Pemetrexed, Pentostatin und Tioguanin gefunden.

Bei bösartigen Sarkomen existieren Behandlungsansätze mit hyperthermer Extremitätenperfusion unter Ausnutzung dieses Therapie-Prinzips, die jedoch nur in dafür besonders qualifizierten Zentren durchgeführt werden sollten bzw. zu Lasten der GKV durchgeführt werden können. Isolierte Extremitätenperfusionen können z. B. an der Medizinische Hochschule Hannover oder am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt oder über diese universitären Einrichtungen vermittelt werden.

Alle hier vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten zur Wirksamkeit der Kombination einer Hyperthermie mit einer platinhaltigen Chemotherapie belegen eine maximale Wirksamkeitssteigerung der Chemotherapie bei gleichzeitiger Hyperthermie. Eine gewisse Wirksamkeitssteigerung wurde in verschiedenen Arbeiten auch noch bei Anwendung der Hyperthermie in einem Zeitraum von maximal 24 Stunden nach der Chemotherapie-Infusion gesehen9.

Zur Beurteilung von Leistungsanträgen im Zusammenhang mit Thermochemotherapie sind Informationen darüber, in welcher zeitlichen Abfolge die Chemotherapie und die Hyperthermie im Einzelfall durchgeführt werden soll (bzw. schon durchgeführt wurde), in der Regel erforderlich.

Die wesentlichen Einflussgrößen "Sequenz und Zeitintervall" müssen für eine abschließende Einschätzung bekannt sein; fehlen diese Informationen, kann keine begründete, positive Beurteilung abgegeben werden.

Darüber hinaus müssen Informationen über den zur Durchführung der regionalen Tiefenhyperthermie eingesetzten Gerätetyps vorgelegt werden, damit eine sozialmedizinische Beurteilung möglich wird.

Im Hinblick auf verfassungsrechtliche Gesichtspunkte ist festzuhalten, dass die Erfolgsaussichten einer Hyperthermie-Anwendung hinsichtlich einer positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufes bei nicht qualitätsgesicherter Durchführung der Methode als nur ganz fern liegend zu bezeichnen sind. Subjektive Besserungs-Empfindungen als Folge der Therapie sind allerdings, wie bei einer Placebotherapie, niemals auszuschließen.


Alle medizinischen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der individuellen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche oder sonstige Beratung nicht ersetzen! Auch erheben die hier gemachten Aussagen keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Dies ist keine Gesundheitsberatungsseite und auch keine Sozialberatungsseite!



Neue Seite anlegen

Sofern nicht anders angegeben, steht der Inhalt dieser Seite unter Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License