HiFU - Hochintensiver fokussierter Ultraschall

Erstellt am 20 Sep 2015 14:01
Zuletzt geändert: 13 Oct 2020 10:58

Abgrenzung / Begriffsklärung / Synonyme

Hochintensiver fokussierter Ultraschall (englisch high intensity focused ultrasound, HIFU) ist eine medizinische Anwendung von Ultraschall, bei der bisher durch gezielte Bündelung der Schallwellen Gewebe erhitzt und zerstört wird. Dieses therapeutische Verfahren wird auch als Ultraschallablation, "Magnetresonanz (MRT-) gesteuerte fokussierte Ultraschallchirurgie" oder "MR-gesteuerte TFU" oder (MRgFUS) oder Pyrotherapie bezeichnet.

Beschreibung / Funktionsprinzip / Hintergrund

Beim HIFU-Verfahren werden Schallwellen mit Frequenzen im niedrigen Megahertz (MHz)-Bereich durch angepasste Krümmung eines Transducers (Schallgebers) oder durch zeitversetzte Ansteuerung mehrerer kleiner Schallgeber in einem Fokus gebündelt, ähnlich wie bei einem Brennglas. Die im Fokus entstehende Temperatur erreicht hierbei bis zu 90°C.
Bei dieser Temperatur wird das behandelte Gewebe (weitgehend) zerstört. Aufgrund der Bündelung der Schallwellen-Energie soll dabei das umliegende Gewebe weitgehend geschont werden.
Die Computersteuerung der Transducer-Position soll dazu beitragen, das Risiko von Nebenwirkungen und Komplikationen zu reduzieren.


Indikationen

Gynäkologische Indikation

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat 21.09.2017 die Beratungen gemäß § 137h SGB V: Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung von Leiomyomen des Uterus beendet. Auf der Übersichtsseite zum Bewertungsverfahren heißt es, die Bewertung sei "abgeschlossen" worden. Dies ist für weniger informierte Benutzer der G-BA-Webseite irreführend, da eine echte Bewertung gar nicht stattfand.
Der Bewertungsprozess wurde vielmehr aufgrund fehlender Bereitschaft eines Herstellers zur Kostenübernahme abgebrochen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass z.B. die Techniker Krankenkasse in ihrer Beurteilung des Nutzens dem Gemeinsamen Bundesausschus weit voraus ist. Diese Krankenkasse bietet Frauen, die bei ihr versichert sind, die Methode im Rahmen der Besondere Behandlungsangebote der TK bundesweit als Leistung an.

In den USA ist das Verfahren zur Behandlung von Uterus-Myomen seit 2004 durch die FDA zugelassen.

Kontraindikationen / Einschränkungen

Allgemein:

  • Metallimplantaten (auch kleinere Metallclips) im Behandlungsbereich
  • Herzschrittmacher-Träger
  • Patienten mit bekannter Kontrastmittelunverträglichkeit beim MRT. (NB: Dazu zählt nicht das im CT oder bei anderen Untersuchungsmethoden mit Röntgenstrahlen verwendete jodhaltige Kontrastmittel.)
  • Schwangerschaft

Speziell bei der Behandlung von Uterusmyomen:
Der fokussierte Ultraschall kann nur bei Myomen angewandt werden, die günstig liegen und nicht zu groß sind.

Risiken

Über folgende Komplikationen nach MR-geführter HIFU (bzw. TFU) zur Myom-Therapie wird vom Herstellers des Geräts "Ex ablate" informiert:

  • Verbrennungen der Bauchhaut mit Geschwürbildung
  • Rücken- oder Beinschmerzen oder - schwäche

Weiteres Risiko:
Die Behandlung kann erfolglos bleiben und es können Rezidive auftreten.

Bislang erschienene Veröffentlichungen stimmen darin überein, dass die Methode bei der Behandlung von Uterusmyomen ambulant durchgeführt werden kann.

Evidenz

Hinsichtlich der Behandlung von Uterusmyomen wurden bereits über 100 Forschungsergebnisse publiziert; jedoch fehlen bislang Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien, die den langfristigen Effekt (erfolgreiche Schwangerschaften, längerfristige Rezidiv-Freiheit) mit den anderen möglichen Therapie-Verfahren vergleichen.

Von der Gruppe des deutschen "FUS-Center Dachau" wurde 2013 eine retrospektive Analyse von 12 Patientinnen veröffentlicht. Dieser Publikation ist zu entnehmen, dass die Methode in 93,5% der Fälle technisch erfolgreich durchgeführt werden konnte ohne schwergradige Nebenwirkungen. Bei 8 Patientinnen sei es nicht möglich gewesen, die MRgFUS durchzuführen: Bei 6 Patientinnen verhinderten Darmschlingen im Strahlenweg die Behandlung; eine Patientin konnte die erforderliche Bewegungslosigkeit nicht einhalten - und in einem Fall kam es zu eine Fehlfunktion des eingesetzten Gerätes (ohne Patientengefährdung)1.

Link zur Medline-Suche nach Publikationen zur MRgFUS bei Uterusmyomen2

Von der angesehen HTA-Agentur des staatlichen Gesundheitsdienstes in Ontario, Kanada, wurde eine systematische Bewertung der MRgFUS bei Uterusmyomen herausgegeben3. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Methode handelt, die als hinreichend sicher und effektiv eingeschätzt wird und betroffenen Patientinnen den Erhalt des Uterus und ggf. erfolgreiche Schwangerschaft ermöglicht. Als Haupt-Nachteile der Methode werden die begrenzte Verfügbarkeit sowie das langwierige Verfahren (mit Zwang zu fast vollständiger Regungslosigkeit für die Patientinnen über mehr als eine Stunde) angegeben.

Im deutschen Ärzteblatt erschien 2014 eine allgemeine Übersichtsarbeit mit dem Titel Konservative, operative und interventionelle Therapieoptionen uteriner Myome4, welche die Methode als integralen Bestandteil des therapeutischen Arsenlas bei Uterusmyomen beschreibt; jedoch keine formalisierte Evidenzbewertung vornimmt.


Prostata

Prostatakarzinom (bereits seit Jahren klinisch eingesetzt).

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat im Oktober 2017 die Beratung gemäß § 137h Absatz 6 SGB V: Magnetresonanztomographie-gesteuerte transurethrale Ultraschallablation bei lokal begrenztem Prostatakarzinom beschlossen.

Die S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Urologie sieht die HIFU (Hochintensiver Fokussierter Ultraschall) beim lokal begrenzten Prostatakarzinom als experimentelles Verfahren, das vorrangig in prospektiven Studien eingesetzt werden sollte.

Beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom enthält die Leitlinie in der Version 2018 eine eindeutige Negativ-Empfehlung - weder HIFU (Hochintensiver Fokussierter Ultraschall) noch IRE (irreversible Elektroporation) oder Kryotherapie sollen beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom zur Therapie des eingesetzt werden.

Bei einem histologisch gesicherten isolierten Lokalrezidiv nach perkutaner Strahlentherapie kann ein Therapieversuch mit HIFU-Therapie anhand der Leitlinienempfehlungen (Stand 2018) gerechtfertig werden; wobei der Patient über den experimentellen Charakter dieses Verfahrens als Salvage-Therapie und über die Therapiealternativen informiert werden sollte.

Link zur Medline-Suche nach Publikationen zur MRgFUS bei Prostatakarzinom5.

Siehe auch

BPH

Bei der gutartigen Prostatavergrößerung (BPS) wurde die HiFU durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus dem Jahr 2010 aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen gestrichen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich 2010 mit den "nichtmedikamentösen lokalen Verfahren zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms" beschäftigt und die vorhandenen Verfahren auf Ihren Nutzen bewertet. Im resultierenden Abschlussbericht des G-BA sind folgende . Eine Reihe von Verfahren wurde ausgeschlossen und aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen gestrichen. Hierzu gehören die interstitielle Laserkoagulation (ILK), die Holmium Laser Ablation der Prostata (HoLAP), die Holmium Laser Blasenhalsinzision (HoBNI), die transurethrale Nadelablation (TUNA), die Hybrid-Laser-Therapie, die hoch-intensivierte fokussierte Ultraschalltherapie des BPS (HIFU), die wasserinduzierte Thermotherapie (WIT), die Thulium Laser Ablation sowie die transurethrale Äthanolablation der Prostata (TEAP).

Link zur Medline-Suche nach Publikationen zur MRgFUS bei Prostata-Erkrankungen6.


Hirntumore

Experimentell und bislang nur in vorklinischen Studien:
Eine Forschungsgruppe der Universität Mannheim (Arbeitsgruppe Lernen und Gedächtnis) beschäftigt sich derzeit mit der Anwendung hoch fokussierten Ultraschalls in Kombination mit so genannten "Microbubbles": Ziel ist es, eine punktuelle Blut-Hirn-Schranken-Öffnung an genau ausgesuchten Lokalisationen mithilfe der MRgHIFU zu erzielen, die quasi eine direkte Thrombolyse ("Sonothrombolyse") beim Infarkt ermöglichen könnte. Bislang wurden offenbar vorklinische Versuche (Tierversuche) durchgeführt, die gezeigt haben, dass bei den eingestzten Versuchstieren eine gezielte Beschallung bei den richtigen Parametern ohne das Risiko von Blutungen möglich ist7.


Legalstatus

Die Methode (Ultraschallablation, MRgFUS, MRFUS, HIFU) ist im stationären Bereich im Krankenhaus nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen, so dass bei Notwendigkeit einer stationären Behandlung die Methode durchgeführt werden könnte.

Da die Methode im Regelfall jedoch ambulant durchzuführen ist, rechtfertigt eine geplante MRgFUS alleine im Regelfall jedoch keine stationäre Aufnahme.

Im ambulanten Setting wird die Methode als "NUB eingestuft und kann somit regulär nicht zu Lasten der GKV erbracht werden.

Die Behandlung wird u.a. seit Januar 2010 von der Techniker Krankenkasse und seit Juni 2010 von der AOK Bayern im Rahmen von Versorgungsverträgen (unter anderem an dem MRgFUS Zentrum Frankfurt, einem Zentrum in Bottrop sowie an dem so genannten FUS-Center Dachau) übernommen.
Seit April 2014 übernimmt auch die Barmer GEK die Kosten für die Behandlung von Gebärmuttermyomen mit MRgFUS am "FUS-Center Dachau".

Alternativen

Uterus-Myome:
Hysterektomie (keine Rückfälle möglich), abdominale Laparotomie-Myomektomie oder laparoskopische oder hysteroskopische Myomektomie (Rückfallquote der Myomektomien ca. 10-30 %), Myomembolisation unter Röntgen-Durchleuchtung (Notwendigkeit einer intensiven medikamentösen Schmerzbehandlung über mindestens zwei Tage stationär); Hormonbehandlung (durch GnRH wechseljahrsähnliche Beschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Libidoverlust oder Osteoporose, nach Beendigung der Behandlung kommt es zum Wiederauftreten der Symptome).

Prostatakarzinom:
Alle in der Leitlinie "Prostatakarzinom; Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien" genannten und empfohlenen Methoden.

Benignes Prostatasyndrom (BPS):
Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P), offene Adenomenukleation, transurethrale Elektrovaporisation (TUEVRP), transurethrale Inzision der Prostata (TUIP), Holmium Laserresektion der Prostata (HoLRP) und die Holmium Laser Enukleation der Prostata (HoLEP); daneben medikamentöse Interventionen.

Geräte-Hersteller

  • Ablatherm Robotic HIFU wurde 1989 in Frankreich von Inserm (Französisches Nationales Institut der Medizinischen Forschung), dem Edouard-Herriot-Krankenhaus in Lyon und Fa. EDAP TMS entwickelt.
  • Sonablate 500 wurde Anfang der 1990er Jahre für die Behandlung von benignen Prostatahyperplasie (BPH) in den Staaten von Focus Surgery entwickelt und später zur Behandlung von Prostatakrebs modifiziert.
  • Sonalleve MR-HIFU wurde 2011 von Philips entwickelt und wird zur Behandlung von Uterusmyomen sowie zur Schmerztherapie bei Knochenmetastasen eingesetzt. Vermarktet wird das System außerhalb Deutschlands (Sonalleve MR-HIFU Therapie-System - Hersteller-Infos).
  • Exablate One ist die seit 2010 vermarktete Weiterentwicklung des seit 2004 eingesetzten Exablate® und hat ihm gegenüber den Vorteil des gezielteren Erreichens von schwer zugängigen Gewebsarealen. Entwickelt wurde das Gerät von der Firma InSightec und wird zur Behandlung von Myomen und bei Knochenmetastasen eingesetzt; zur Prostatabehandlung und zum Einsatz in der Neurologie / Neurochirurgie läuft zunächst eine Testphase. Vermarkter ist GE Healthcare.

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