Methoden und "NUB" im Krankenhaus

Erstellt am 10 Aug 2016 13:01
Zuletzt geändert: 28 Sep 2020 22:07

Im Unterschied zum ambulanten vertragsärztlichen Bereich können neue Methoden im stationären Bereich grundsätzlich zu Lasten der GKV erbracht werden. Ein konkreter Ausschluss einer einzelnen Leistung bzw. Methode von der Erbringung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung kann nur gemäß § 137c SGB V durch den G-BA per Richtlinie erfolgen (Verbotsvorbehalt).

Hierzu sagte das Bundessozialgericht z.B. in dem Urteil B 1 KR 1/02 R vom 19.02.2003:

Das Fehlen eines Erlaubnisvorbehalts in § 137c SGB V hat zur Folge, dass im Krankenhaus grundsätzlich auch neuartige Verfahren keiner vorherigen Zulassung bedürfen, sondern zu Lasten der Krankenversicherung angewendet werden können, solange der Ausschuss Krankenhaus sie nicht ausgeschlossen hat. Die Gefahr, dass deshalb zweifelhafte oder unwirksame Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist im Krankenhaus schon wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen geringer als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte. Neue, noch nicht ausreichend gesicherte Diagnose- und Behandlungsmethoden können im Krankenhaus im Rahmen klinischer Studien erprobt werden, die in § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Bei Zweifeln am medizinischen Nutzen einer neuen Behandlung hat die Krankenkasse - wie im Übrigen bei allen etablierten Methoden, die weder im ambulanten noch im stationären Bereich einer automatischen Überprüfung unterliegen - die Möglichkeit, über ihren Spitzenverband eine Beurteilung durch den Ausschuss Krankenhaus zu veranlassen und gegebenenfalls auf diesem Wege eine Ausgrenzung zu erreichen.

Nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossene "neue Methoden" können somit prinzipiell im Rahmen der Krankenhausbehandlung bei medizinischer Notwendigkeit zu Lasten der GKV erbracht und über das DRG-Fallpauschalensystem, inklusive bundeseinheitlich festgelegter Sonderentgelte, abgerechnet werden.

Aus sozialmedizinischer Sicht ist immer zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen der stationären Behandlung die §§ 2, 12 und 70 des SGB V den Handlungsspielraum innerhalb der GKV begrenzen und auch im Krankenhaus die Maßstäbe einer wirtschaftlichen, notwendigen und ausreichenden Versorgung nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Das bedeutet, medizinisch notwendige Leistungen dürfen nicht (z. B. aus ökonomischen Erwägungen des Krankenhauses) vorenthalten werden, die Versorgung muss zugleich ausreichend und zweckmäßig sein.
Anders ausgedrückt: Ist eine neue Methode nicht durch den G-BA von der Leistungserbringung im Krankenhaus ausgeschlossen und ist sie im Einzelfall medizinisch notwendig, ist die Methode durch das Krankenhaus zu erbringen und im Rahmen der DRG-Fallpauschalen abzurechnen.
Ist eine neue Methode zwar nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen, aber es besteht für die Methode gemäß wissenschaftlichem Erkenntnisstand ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis oder ist die Methode im Vergleich zu ähnlich wirksamen Alternativen unwirtschaftlich, so ist die Anwendung im Hinblick auf §§ 2, 12, und 70 des SGB V aus sozialmedizinischer Sicht in der Regel nicht zu befürworten.

Eine entsprechende Einschätzung äußerte das Bundessozialgericht im Urteil B 3 KR 2/12 R vom 21.03.2013. Dort wurde die (sehr kostspielige) in vitro Anreicherung von CD35+ Zellen vor einer autologen Knochenmarkstransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom als Behandlungsmethode ohne eindeutigen Wirksamkeitsnachweis eingestuft und deswegen ein Vergütungsanspruch einer Uniklinik gegenüber der Krankenkasse verneint1.

Eine Auflistung der Methoden, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss von der Krankenhausbehandlung zu Lasten der GKV ausgenommen wurden, findet sich in der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung.
Dort werden in Anlage 1 auch Methoden aufgeführt, über die der G-BA beraten hat und sie als weiterhin notwendig eingestuft hat - die also GKV-Leistungen im Krankenhaus bleiben sollen.
Des Weiteren führt die Anlage 2 Methoden auf, zu denen der G-BA beraten, aber noch keine Entscheidung getroffen und somit eine Beschlussfassung ausgesetzt hat.

Ein gesetzlicher Anspruch der Krankenhäuser auf Sonderkompensationen bei Einsatz teurer neuer Methoden ist ausschließlich über die sogenannten "NUB"-Regelungen gemäß § 6 KHEntgG vorgesehen:

"NUB" im Krankenhaus nach § 6 Abs. 2 KHEntgG

NUB im Krankenhaus - Hintergrundmaterial

Isabelle C. Hägele-Rebmann. NUB-Methoden im Krankenhaus im System der GKV unter besonderer Betrachtung des NUB-Verfahrens. §§ 137 c, 137 e SGB V, § 6 Abs. 2 KHEntgG. Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2017. Frankfurt am Main ; Bern ; Wien. PL Academic Research, FSW: Hochschulschrift [2017]. - XXVIII, 468 Seiten ; 21 cm . ISBN 978-3-631-73738-5.

Die Autorin untersucht an der Schnittstelle zwischen gesetzlichem Krankenversicherungsrecht (SGB V) und Krankenhausfinanzierungsrecht (KHG, KHEntgG), unter welchen Voraussetzungen Leistungserbringer im Rahmen einer Krankenhausbehandlung neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Methoden) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen dürfen (§§ 137 c, 137 e SGB V). Zentrale Aspekte der Untersuchung sind, in welchem Verhältnis das allgemeine Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) zu der Regelung des § 137 c SGB V steht, ob den Krankenhäusern in Bezug auf § 137 c SGB V ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, die Erprobungsregelung des § 137 e SGB V sowie das vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) durchgeführte NUB-Verfahren (§ 6 Abs. 2 KHEntgG).

Ist ein Krankenhaus, das eine "neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode" einsetzt, der Ansicht, dass diese Leistung nicht spezifisch im DRG-Kalkulationssystem abgebildet ist, kann die Klinik einen "NUB" Antrag nach § 6 KHEntgG an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) richten.

Das InEK überprüft für die gemäß § 6 Abs. 2 KHEntgG beantragten Leistungen, ob den antragstellenden Krankenhäusern das Erzielen einer ausreichenden Vergütung der Methode im Rahmen der vorhandenen Vergütungssystematik möglich ist. Kommt das InEK anhand der von dem antragstellenden Krankenhaus vorgelegten Informationen zu dem Schluss, dass die Leistung zum Feststellungszeitpunkt nicht ausreichend vergütet wird, so wird diese Leistung als "Status 1" eingestuft. "NUB-Methoden" mit dem "Status 1" erfüllen nach Einschätzung des InEK die "Kriterien der NUB-Vereinbarung" und berechtigen die antragstellenden Krankenhäuser dazu, jeweils krankenhausindividuelle "NUB-Entgelte" mit der GKV vertraglich zu vereinbaren.

Die Zuteilung eines "Status 1" durch das InEK wird häufig als "Anerkennung" einer Methode durch das InEK bezeichnet. Tatsächlich folgt aus einer solchen "Anerkennung" durch das InEK keine Aussage zu Qualität, Notwendigkeit oder Nutzen einer Methode; das InEK prüft lediglich, ob eine Leistung im DRG-Fallpauschalensystem bereits ausreichend vergütet wird oder nicht.

Wenn ein Krankenhaus zwar einen Antrag gemäß § 6 Abs. 2 KHEntgG gestellt hat und die Leistung vom InEK mit "Status 1" eingestuft wurde; das Krankenhaus aber keinen entsprechenden Vertrag mit der Krankenkasse bzw. der für die Kasse und das Krankenhaus zuständigen örtlichen Vertragspartei nach § 6 KHEntgG abschließt, ist eine Abrechnung entsprechender "NUB"-Zusatzentgelte gemäß SGB V im Verein mit dem KHEntgG formal nicht möglich.

Einen Überblick über aktuelle Zusatzentgelte gibt Reimbursement Info: Liste der Zusatzentgelte

WebLinks:

Entgeltvereinbarungen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG (NUB-Vereinbarungen) können nur mit Geltung für ein oder mehrere Kalenderjahr(e) abgeschlossen werden; dem Begriff "befristete" in § 6 Abs. 2 S. 1 KHEntgG kommt keine darüber hinausgehende oder Abweichungen zulassende Bedeutung zu.


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